von Nikolaus Hagen.
Über den Beobachteroffizier Oskar Knoll ist bislang nur weniges bekannt und manches noch rätselhaft. Einer Meldung der Innsbrucker Nachrichten vom 14. Februar 1918 zufolge, in der fälschlicherweise sein Tod verlautbart wurde, war Knoll ein gebürtiger Innsbrucker, der „lange Jahre als akad. Maler und Bildhauer in Berlin“ gewirkt hatte. In einem früheren Bericht, anlässlich einer Ausstellung zu Jahresende 1912, in der selben Zeitung erschienen, hieß es, Knoll sei „ein junger Innsbrucker, der, wie wir hören, die Münchener Akademie bald absolviert haben wird“. Die künstlerische Karriere scheint aber bald wieder eingeschlafen zu sein, denn weitere Meldungen fehlen.
Zum Familienhintergrund wissen wir bislang folgendes: Sein Vater, Moritz Knoll, kam Mitte der 1850er-Jahre zur Welt, und war am Ende seiner Karriere Inspektor der k.k. Staatsbahnen in Innsbruck. Er verstarb 1918. Die Mutter hieß Emma Knoll, geboren um 1854, und neben Oskar hatte das Paar auch noch einen zweiten, älteren Sohn namens Moritz. Eine ebenfalls ältere Schwester namens Emmy war bereits 1907 im 22. Lebensjahr an einer Krankheit verstorben. Oskar besuchte damals das Obergymnasium, vermutlich in Innsbruck, anschließend dürfte er in München oder Berlin Kunst studiert und in den 1910er-Jahren mit einzelnen Kunstwerken an Ausstellungen in seiner Heimatstadt teilgenommen haben. Seine Zeit in Deutschland ist bislang unerforscht.
Möglicherweise absolvierte Knoll noch vor Kriegsbeginn den Militärdienst als Einjährigfreiwilliger. In der Familie gab es jedenfalls eine militärische Tradition: Der Großvater väterlicherseits war Major gewesen, der ältere Bruder Moritz war bereits 1907 Leutnant im k.k. Landwehr Ulanen Regiment Nr. 2 und ein angeheirateter Onkel, Rudolf Kopatschek, war Hauptmann im 3. Tiroler Kaiserjägerregiment. Den Kriegsbeginn erlebte Oskar Knoll wohl mit dem Infanterieregiment Nr. 28. Im Mai 1915 wurde er zum Leutnant der Reserve ernannt, ein halbes Jahr darauf erhielt er das Militärverdienstkreuz dritter Klasse mit der Kriegsdekoration. Im Mai 1917 folgte die Beförderung zum Oberleutnant in der Reserve. Etwa um dieselbe Zeit dürfte er sich – wie alle Flieger freiwillig – zur Ausbildung als Beobachteroffizier gemeldet haben. Wahrscheinlich absolvierte er im Juni die Fliegeroffizierschule bei den Luftfahrersatztruppen. Am 10. Juli 1917 wurde er von dort in den zur Fliegerkompagnie 45 und damit zu den Luftfahrtruppen kommandiert.
Die Flik 45 war im Mai 1917 als Verstärkung an die Dolomitenfront verlegt worden und war am Flugfeld Bruneck stationiert. Die Divisionsfliegerkompagnie – der k.u.k. 11. Armee unterstellt – war mit fünf Hansa-Brandenburg C.I Aufklärern unterschiedlicher Serien ausgestattet und wurde von Feldpilot Rittmeister Stefan von Vuchetich kommandiert. Gegen Ende des Jahres wurde sie auf das Flugfeld Levico verlegt. Im November 1917 wurde Knoll offiziell zum Beobachter ernannt.

Am 30. Januar stiegen Knoll und Feldpilot Zugsführer Ernst Winkler zu einem Aufklärungsflug auf. Dabei wurden sie in einen Luftkampf verwickelt und abgeschossen. Für die eigenen Truppen, die nur den Niedergang des Apparats hinter den feindlichen Linien beobachteten, sah es wohl nach einem Totalverlust aus. Die Meldung vom Abschuss wurde auch rasch in Innsbruck bekannt und resultierte in der eingangs zitierten Falschmeldung vom „Fliegertod eines Innsbruckers“. Eine Gewissheit über das Schicksal der Besatzung gab es jedenfalls nicht. Als sein Vater Moritz Knoll im Juni 1918 verstarb, wurde der Sohn in der Trauerparte noch immer als „vermisst“ genannt. Tatsächlich waren Knoll und Winkler in italienische Kriegsgefangenschaft geraten. Allerdings kehrte Winkler erstaunlicherweise schon nach kurzer Zeit aus der Gefangenschaft zurück. Anfang April befand er sich in der Station Wiener Neustadt, von wo er am 8. des Monats desertierte.
Knoll kehrte nicht mehr zu den Luftfahrtruppen zurück. Wahrscheinlich blieb er den Rest des Krieges in italienischer Gefangenschaft und kam erst nach Kriegsende nach Innsbruck zurück. Im Jänner 1925 verstarb seine Mutter Emma Knoll im 71. Lebensjahr. Die Todesanzeige in den Innsbrucker Nachrichten stellt allerdings ein gewisses Rätsel dar. Den Tod gab „Major d. R. Mauritius Oskar Knoll“ im Namen aller Verwandten bekannt. War dieser Mauritius Oskar, der einzige in der Parte genannte Sohn, der Fliegeroffizier Oskar Knoll oder war es sein Bruder Moritz? Letzterer war, dem Innsbrucker Adressbuch zufolge, jedenfalls auch 1930 noch am Leben und dort als Rittmeister bezeichnet. Wenn es sich wirklich um Oskar Knoll handelte, dann wäre er offenbar noch zum Hauptmann und anschließend zum Major befördert worden.