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Flieger des Monats

Leutnant Max Valier

von Thomas Albrich.

Der Bozner Max Valier hat mit der Entdeckung des Rückstoßprinzips der Raumfahrt den Weg geebnet. Vor seiner Raketenkarriere diente Valier in unterschiedlichen Funktionen bei den k.u.k. Luftfahrtruppen, zuletzt als Beobachteroffizier bei der Flugerprobung.

Max Valier in seinem Raketenwagen um 1930 (Bundesarchiv)

Geboren wurde Max Valier am 9. Februar 1895 in Bozen am Pfarrplatz 21. Sein Vater, Edmund Valier, war ein Wiener Konditor, seine Mutter Olga Wachtler eine Boznerin. Nach dem Tod seines Vaters heiratete seine Mutter erneut und schien 1917 als Olga Penneberg Valier, wohnhaft Poststraße 4 in Bozen auf.

Um 1910 besuchte Valier die Franziskanerschule in Bozen. Der Physikunterricht beflügelte ihn. Für die Schulzeitung Mentor und für das Tiroler Volksblatt schrieb er schon als Schüler Beiträge über Astronomie. Mit dem dabei verdienten Geld kauft er sich Astronomiebücher. Auch arbeitete er in der Freizeit bei einem Feinmechaniker, wo er handwerkliches Können erwarb, um seine Instrumente und Modelle selbst zu bauen.

1913 inskribiert er Astronomie, Physik, Mathematik und Meteorologie an der Universität Innsbruck und verbrachte viele Nächte in der Innsbrucker Sternwarte. Sein Ziel war der Mond und weniger die Raumfahrt als solche. Im Sommersemester 1914 war Max Valier Säckelwart des Akademischen Vereins der Mathematiker in Innsbruck. Am 13. November 1914 hielt er bei der ersten Versammlung des Studienjahres des Akademischen Vereins der Mathematiker im Hotel Viktoria am Bahnhofplatze in Innsbruck einen Vortrag über „Die Entwicklung der Astrophotographie und ihre modernen Leistungen“ mit 80 Lichtbildern. Valier wurde auch zum Schriftführer und Bibliothekar gewählt. Am 3. Dezember 1914 erschien ein einspaltiger Artikel, gezeichnet von Max Valier als Astronomiestudent, in den Innsbrucker Nachrichten unter dem Titel „Das Erdbeben“ über ein Erdbeben in Innsbruck am Abend des 30. November 1914.

In der Landeshauptstadt wohnte er bei seinem Onkel und Taufpaten, dem Innsbrucker Gemeinderat Gotthard Valier in der Maximilianstraße 27, der wie sein Vater Konditor war. Dieser finanziert ihm auch das Studium und nahm ihn immer wieder unter seine schützenden Fittiche, wenn Max negativ auffiel. 1914 brachte Max Valier beispielsweise ein kleines Modellflugzeug mit drei Feuerwerkraketen zum Fliegen, wodurch er mit der Polizei wegen „Störung der öffentlichen Ordnung“ Schwierigkeiten bekam. Sein Onkel rettete ihn vor einer Anzeige. Heute noch gibt es die Innsbrucker Valier-Linie, noch immer eine Konditorenfamilie.

1915 rückte Valier in das österreichisch-ungarische Heer in den Krieg ein. Seine Stammtruppe war das Kaiserschützenregiment II Bozen. Sein wissenschaftliches Interesse am Weltraum wurde auch durch den Krieg nicht gebremst. Ein Aufruf in den Innsbrucker Nachrichten vom 1. Mai 1916 beweist das:

„Am 11. April 1916 um 8:40 Uhr abends erschien über Bozen ein Meteor von der vielfachen Helligkeit der Venus, strahlend in gelblichem Lichte, und beschrieb drei bis vier Sekunden einen Bogen am Himmel von dem Stern Eta gegen Delta der Jungfrau. Das Ende der Erscheinung konnte hier nicht beobachtet werden, da der Bolide hinter den Bergen verschwand. Könnten ähnlich genaue Angaben von der Bahn des Meteors (von welchem Stern zu welchem) aus Nordtirol erlangt werden, so könnte die Bahn dieser seltenen Erscheinung noch nachträglich berechnet und somit der Wissenschaft ein Dienst geleistet werden. Wir bitten diesbezügliche Notizen an Max Valier, Astronom in Bozen, gelangen lassen zu wollen.“

Ende 1916 war Valier als Sappeur-Kadett-Aspirant an der Front, als sein „neues Sternbüchlein für jedermann“ im Verlag „Natur und Kultur“ in München erschien, in welchem sich „der Bozner Astronom Max Valier“, so ein Rezensent im Tiroler Anzeiger, „wieder als Meister in der populären Darstellung erweist, welche wissenschaftliche Gediegenheit mit leichter Verständlichkeit verbindet“.

Auch seine Raketenforschungen gab er nicht ganz auf und erläuterte dem Kriegsministerium auf dem Postweg seine Pläne. Das Kriegsende kam aber schneller als eine Antwort. In Briefen an seinen Onkel beschrieb Max Valier hingegen die Gräuel der Kriegsgewalt und seine wechselvollen Gemütszustände. Am 1. Februar 1917 wurde er Leutnant.

Am 14. April 1917 wechselte Valier zum Feldwetterdienst als Hilfsbeobachter bei der Feldwetterstation 17 (Fewesta 17) beim XXI. Korps in Györ, San Miclos in Siebenbürgen. Am 25. Jänner 1918 erfolgte seine dauernde Kommandierung zu den Luftfahrtruppen bei Belassung in seiner damaligen Einteilung bei der Fewesta 17. Valier hatte aber weiterhin Zeit, sich seinen Visionen zu widmen: Am 2. April 1918 beschrieb er in einem längeren Artikel über „Das Flugwesen nach dem Kriege in Tirol“, der im Allgemeinen Tiroler Anzeiger erschien, seine Gedanken zur Zukunft der friedlichen Luftfahrt im Alpenraum.

Am 16. August 1918 wurde er zur Teilnahme am technischen Kurs am Fliegerarsenal nach Wien kommandiert. Kurz vor Kriegsende stürzte sein Flugzeug in Aspern aus rund 3000 Metern ab, wie verschiedene Zeitungen, so auch der Bozner Tiroler, berichteten:

„Fliegerleutnant Max Valier aus Bozen wäre bald das Todesopfer eines schweren Fliegerunfalles geworden. Leutnant Valier war am 27. September 1918 um 7 Uhr früh vom Flugfelde Aspern zu einem Höhenflug auf 4000 Meter aufgestiegen. Eben im Begriff umzukehren, geriet durch einen Motordefekt das Flugzeug ins Stürzen und das Motoröl in Brand. Dank der Geistesgegenwart beider Männer, welche sofort Benzin, Oel und Motor abstellten, erlosch bei der rasenden Geschwindigkeit mangels weiterer Nahrung der Brand in 2500 Meter Höhe. Den Fliegern gelang es, den senkrecht kopfüber erdwärts stürzenden Apparat wieder in ihre Gewalt zu bekommen, so daß der Apparat wenigstens nur steilschräg, freilich in voller Wucht in einen Krautacker hineinkrachte. Als die Rettungsmannschaft kam, hatte sich Leutnant Valier schon selbst unter den Trümmern des Flugzeuges herausgearbeitet. Er kam nicht nur mit dem Leben davon, sondern sogar ohne Bruch und äußere Verletzungen. Auch der Pilot lebt.“

Die Innsbrucker Nachrichten schrieben abschließend zu diesem „Versuchshöhenflug“:

„Wohl noch nie ist ein solch fürchterlicher Todessturz aus solcher Höhe so glücklich ausgegangen.“

Sofort nach Kriegsende begann Valier wieder mit seiner Vortragstätigkeit. Am 23. Dezember 1918 hielt „Fliegerleutnant Max Valier“ im Zentralkino in Innsbruck einen Lichtbildervortrag über das Flugwesen.

Seine Nachkriegskarriere in Deutschland machten Max Valier berühmt. Sein Lebenstraum war der Bau einer Rakete, die Menschen ins Weltall gebracht hätte. Er blieb diesem Traum 35 Jahre lang treu. Am 5. Dezember 1926 war ein Portraitfoto von Max Valier auf dem Titelblatt der Zeitschrift Die Stunde, unterschrieben mit: „Die Reise zum Mond will Max Valier, der bekannte Münchner Flieger, Schriftsteller und Astronom, mit der vielfach umstrittenen Mondrakete antreten.“ Gestorben ist Valier in Berlin am 17. Mai 1930, als an seinem Raketenwagen eine Brennkammer explodierte.