von Thomas Albrich.
Feldpilot Feldwebel Leo Koch vom Infanterie-Regiment 76, war ein Deutsch-Ungar und einer derjenigen, die nach 1918 nach Tirol kamen und als „Wahltiroler“ hier lebten. Leo Koch war am 2. Jänner 1893 in Sopron an der heutigen burgenländischen Grenze geboren und erlernte nach der Volksschule das Friseurhandwerk. Nachdem er nach Kriegsbeginn seine militärische Grundausbildung gemacht hatte, wurde er in Steinamanger zum Flieger ausgebildet.
Koch kam ab April 1916 als Pilot vom Fliegerersatzbataillon zur Flik 22 bei der k.u.k. 2. Armee an der Front gegen Russland zum Einsatz. Er hatte jedoch keinen Pilotenschein!
Im Juni 1916 wurde er Feldpilot, im Juli 1916 zum Zugsführer befördert. Für seine Kühnheit als Pilot wurden ihm alle vier Tapferkeitsmedaillen zuerkannt. Die Große Silberne Tapferkeitsmedaille erhielt er für eine Waffentat bei der Brussilov-Offensive 1916, als ihm der Tank seines Flugzeuges von der feindlichen Artillerie durchschossen wurde. Im Augenblick des Einschlags schaltete er die Zündung aus und verhinderte dadurch eine Explosion. Ohne Motor steuerte er die Maschine über die feindlichen Linien während ihm dauernd Benzin ins Gesicht spritzte. Am 4. März 1917 unternahm Feldpilot Koch mit seinem Beobachteroffizier einen Feindflug über russische Stellungen in Wolhynien und geriet dabei unter stärkstes Abwehrfeuer. Trotzdem ging er tiefer, um seinem Beobachteroffizier genaue Fotos der Stellungen zu ermöglichen. Koch erlitt dabei einen Kopfschuss, steuerte das Flugzeug halb ohnmächtig über die eigenen Linien zum Flugfeld. Sein Beobachteroffizier verband noch während des Fluges seine Kopfverletzung. Koch wurde erst nach der Landung ohnmächtig. Für diese Tat wurde Koch mit der Goldenen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet. Über diesen Flug vom 4. März 1917 meldete das Kriegspressequartier:
„Das in Wolhynien eingetreten bessere Flugwetter brachte eine erhöhte Flugtätigkeit mit sich, welche wieder unseren unerschrockenen Fliegern Gelegenheit zu mancher hervorragenden Tat bot. So startete unter anderen Beobachter Leutnant i. R. Stephan v. Szabo mit Feldpiloten Zugsführer Leo Koch am 4. v. M. zu einem Aufklärungsflug. Sie durchbrachen die Zone des feindlichen Abwehrfeuers und gelangten weit hinter die feindlichen Linien, um ihre Aufgabe zu erfüllen. Die Feststellung der feindlichen Verhältnisse erforderte ein längeres Umkreisen des engeren Aufklärungsraumes. Ungeachtet des erneut einsetzenden starken feindlichen Abwehrfeuers senkte sich das Flugzeug auf geringe Höhe herab. Hiebei wurde der Feldpilot durch einen Schrapnellsplitter verwundet. Geistesgegenwärtig und hilfsbereit griff der Beobachtungsoffizier sogleich zu und überband die Wunde mit einem Taschentuch; damit bewahrte er den braven Flugzeugführer vor größerem Blutverlust. Aeußerstes Pflichtbewußtsein und kameradschaftliche Hilfsbereitschaft ermöglichten nach weiterem dreiviertelstündigem Fluge glatte Landung auf dem eigenen Flugfelde nach glänzender Erfüllung der Aufgabe.“
Im September 1917 wurde er mit der Goldene Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet und Ende des Monats zu den Fliegerersatztruppen versetzt. Er kam schon im Oktober 1917 zurück zur Flik 18, wurde jedoch im Dezember 1917 endgültig zurück zu den Fliegerersatztruppen versetzt.
Im Laufe des Jahres 1918 hielt er Kriegshochzeit, bei der zehn Kameraden Blumen auf das Dorf warfen, wo die Trauung stattfand. Im Sommer 1918 übte Koch eine neue fliegerische Tätigkeit als Postflieger auf der Strecke Wien – Krakau aus, die nicht immer glatt ablief.
1919 übersiedelte Koch mit seiner Familie nach Innsbruck, wo er zuerst als Geselle und ab 1929 als Friseurmeister tätig war. Sein Geschäft befand sich in der Amraserstraße 34.
Am 10. Oktober 1929 fand eine erste Ehrung der Träger der Goldenen Tapferkeitsmedaille am Bergisel in Innsbruck statt, der im Rahmen einer Feier im Bahnhofsrestaurant die Konstituierung des „Ringes Tirol“ folgte. Unter den angeführten Mitgliedern waren Leo Koch und Eugen Zebisch, damals Reutte, die einzigen Flieger. Koch engagierte sich im „Ring der Goldenen Tapferkeitsmedaille“ in Tirol und wurde von 1931 bis zum „Anschluss“ 1938 immer wieder in den Vorstand gewählt.
Während des Zweiten Weltkriegs diente Koch als Leutnant der Landwehr in Klagenfurt. Sein gleichnamiger Sohn, der Gefreite Leo Koch aus Innsbruck, „Sohn des im Weltkrieg mit der goldenen Tapferkeitsmedaille ausgezeichneten Fliegers Leo Koch“, wurde „für tapferes Verhalten vor dem Feinde in Frankreich mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet“. Vater Leo Koch beging am 1. Jänner 1948 Selbstmord und wurde im städtischen Westfriedhof in Innsbruck begraben.