von Thomas Albrich.
Hauptmann Otto Murr, geboren 1871 in Innsbruck, wurde 1893 gemustert und entschied sich für eine Berufskarriere beim Militär. 1896 wurde er beim 2. Landwehr Infanterie Regiment Linz zum „nicht aktiven“ Leutnant ernannt und legte schließlich nach 12 Jahren Dienstzeit seine Charge zurück und wurde Landesbeamter.
Nach dem Ende seiner Militärkarriere widmete er sich ab 1911 bis Kriegsbeginn 1914 der Ballonfahrt. Einige besondere Fahrten dieser Jahre bis 1914 sollen im Folgenden geschildert werden: Am 21. Oktober 1911 startete Fritz Miller um 8 Uhr mit Otto Murr und Alfred Groß zur 22. Fahrt des Ballons „Tirol“, der über Thaur in den Föhn eintauchte und innerhalb kürzester Zeit die Nordkette überquerte. Kurze Zeit später überfuhr der Ballon die 2.600 m hohe Dreizinkenspitze im Karwendel.
„In unbeschreiblicher Reinheit und Klarheit zeigt sich den Beschauern das ganze Karwendel, dahinter spannte sich in weitem Bogen die Kette der Zentralalpen […] woraus sich die markantesten Gipfel, wie Großglockner, Venediger, Olperer, die Gamskofelgruppe, Ortler und Bernina mit freiem Auge auch gut sichtbar hervorhoben.“
Der Ballon trieb genau nördlich über Bad Tölz und München und landete um 12:10 Uhr nach 130 km glatt bei Gieselshausen an der Amper. Die höchste erreichte Höhe betrug 4.300 m.
Seit März 1912 war Otto Murr bereits Vorstandsmitglied des Vereins für Luftschifffahrt in Tirol. Er schilderte eine Fahrt mit dem Ballon „Graf Zeppelin“ vom 24. Juli 1912 von Innsbruck aus unter Führung von Primar Dr. Hans Lorenz, an der er auch teilgenommen hatte: Der Start erfolgte kurz nach 6 Uhr und der Ballon überquerte den Kraxentrager in einer Höhe von 3.400 m in südlicher Richtung ins Pfunderertal in der Nähe der Dolomiten, wo der Ballon in 1.500 m Höhe unsanft landete. Mit Hilfe von Einwohnern wurde der Ballon auf drei Schlitten talauswärts transportiert.
Im April 1913 führte Fritz Miller mit Otto Murr und einem weiteren Mitfahrer mit dem Ballon „Graf Zeppelin“ von Innsbruck aus eine Nachtfahrt durch. Sie starteten um 23:20 Uhr, überquerten in der Dunkelheit die Nordkette sowie die bayerische Hochebene und fuhren bis nach Ellingen in Mittelfranken, wo sie um 9:30 Uhr vormittags nach 215 km glatt landeten.
„Nach durchgeführter Landung stieg Führeraspirant Otto Murr zur vorgeschriebenen Alleinfahrt nochmals auf und landete ebenfalls sehr glatt bei dem nahen Gunzenhausen.“
Damit hatte er seine Lehr- und Prüfungsfahrten absolviert und stand vor der Erteilung des internationalen Führerdiploms. Murr hatte also schon vor dem Weltkrieg eine Ballonfahrerkarriere gemacht und am 9. Mai 1913 als zweiter Tiroler nach Heinz von Ficker sein Ballonführerdiplom Nr. 89 erhalten. Am 28. Juni 1913 erhielt er von der Österreichischen Aeronautischen Kommission sein Führerdiplom für Kugelballone. Ein anderer Tiroler, Leutnant Max Perini, erhielt an diesem Tag seinen Pilotenschein.
Am 23. August 1913 startete der Ballon „Graf Zeppelin“ knapp nach 23 Uhr unter Führung von Fritz Miller erneut zu einer Nachtfahrt, bei der Otto Murr und Alfred Groß mitfuhren. Die Fahrt ging von Innsbruck nach Kufstein, Bad Aibling und dann in Richtung München. Nach Sonnenaufgang und Erwärmung des Gases stieg der Ballon und die Fahrtrichtung änderte sich um 90 Grad in Richtung Osten nach Wasserburg am Inn, von dort mit einer weiteren Änderung des Windes ging die Fahrt über den Chiemsee, Berchtesgaden, den Hohen Göll und das Hagengebirge und landete zwischen Bischofshofen und St. Johann, eine Viertelstunde von der Bahnlinie entfernt. Die Landung in Maschl, Ortsgemeinde St. Johann, um 11:10 Uhr ging unter Mithilfe einiger herbeigeeilter Personen glatt vonstatten. Die Ballonfahrer erzählten, dass sie landeten, weil St. Johann an der Eisenbahnstrecke liege, „mithin die Rückreise nach Innsbruck günstig schien“. Die Ballonhülle wurde nach Entleerung in die Gondel verpackt und nach Bischofshofen gebracht, „von wo auch die drei Herren nachmittags mit dem Schnellzug nach Innsbruck reisten“.
Am 2. November 1913 stieg der Ballon „Graf Zeppelin“ unter Führung von Otto Murr mit Gästen zur 5. Gratisvereinsfahrt des Jahres auf. Die Fahrt war eine schöne Überquerung der Zentralalpen in der Nähe des Großglockners und endete nach sechs Stunden in Gmünd in Kärnten. Es gab Schwierigkeiten mit der politischen Behörde „obwohl Fahrt und Landung außerhalb der Verbotszone stattfand“.
Mit dem Tage der Präsentierung am 17. Jänner 1916 wurde er als 45-Jähriger zum Landsturmleutnant ernannt. Murr war ledig, sprach außer Deutsch noch Italienisch für den Dienstgebrauch und war am 17. März 1916 bei der Ballonersatzkompagnie in Hainburg. Am 21. April 1916 wurde er zur 8. Ballon-Abteilung transferiert und im August 1916 zum Landsturmoberleutnant befördert. Murr stand vom 1. Mai 1916 bis 16. März 1917 bei den Ballonkompagnien 8 und 12 als Ballonbeobachter an der Isonzo-Front im Einsatz. Ab Jänner 1917 war er Kommandant der 12. Ballonkompagnie. Im Juli 1917 hatte Murr bereits 50 Fessel-Ballonaufstiege absolviert, davon zwei Aufstiege vor dem Feinde. Von Juli bis September 1917 führte Murr keine Aufstiege durch, da die Kompagnie in Retablierung war. Im September 1918 wurde Oberleutnant Otto Murr „im Verhältnis der Evidenz“ zum Hauptmann befördert.
Sein weiteres Leben ist derzeit unbekannt außer der Tatsache, dass Murr im Juni 1939 das Silberedelweiß des Alpenvereins für 40 Jahre Mitgliedschaft verliehen bekam.