von Thomas Albrich
Der Bregenzer Franz Ziehaus entzieht sich bisher unserer historischen Forschung. Er scheint in keiner Pressemeldung während des Ersten Weltkriegs auf und auch in einschlägigen Aktenbeständen hat er scheinbar keine Spuren hinterlassen. Es ist bislang nur bekannt, dass er sein Pilotendiplom Nr. 920 am 13. Dezember 1917 erhielt und anschließend angeblich Militärfluglehrer war. Sein militärischer Rang ist uns derzeit noch nicht bekannt.
Ziehaus taucht erstmals 1927 in der Vorarlberger Presse als Testpilot für den Lustenauer Willi Scheffknecht auf. Der junge Lustenauer Schlosser hatte schon 1922 ein Einsitzer-Motorflugzeig gebaut, das jedoch bei zwei Probeflügen beschädigt wurde. 1925 hatte er mehr Erfolg: das von ihm gebaute zweisitzige Motorflugzeug mit zehn Meter Spannweite verkaufte er noch im selben Jahr an einen Schweizer Geschäftsmann. Im Winter 1926/27 baute Willi Scheffknecht einen Doppeldecker mit sieben Meter Spannweite und fünf Meter Länge, der bei der Gewerbeausstellung 1927 in Feldkirch ausgestellt wurde. Nach der Ausstellung absolvierte Franz Ziehhaus im Rheinvorland einige Probeflüge, die zunächst sehr zufriedenstellend ausfielen. Bei einem dieser Flüge fabrizierte Ziehaus allerdings eine Bruchlandung, als er in der Nähe des Rheindammes bei Lustenau, angeblich infolge Benzinmangels, notlanden musste und sich mehrmals überschlug. Der Zeitungsbericht dazu lautete etwas harmloser:
„Lustenau, 2. Dez[ember 1927] (Der erste Probeflug mit dem Flugzeug Scheffknecht’s verfilmt.) Wie bereits vor mehreren Wochen berichtet, hat sich Herr Willi Scheffknecht aus Lustenau ohne jede fremde Hilfe ein Flugzeug selbst konstruiert und gebaut. Es handelt sich um einen Einsitz-Doppeldecker mit luftgekühltem Zweizylinder-Motor (1100 ccm Inhalt). Am vergangenen Sonntag hat nun der ehemalige Militärfluglehrer Herr Franz Ziehaus aus Bregenz mit dem Apparat den ersten Probeflug gemacht, um dem Flugzeug eventuell noch anhaftende Konstruktionsfehler feststellen zu können. In aller Heimlichkeit wurde am Vorabend der Apparat unter die Rheinbrücke bei Fußach gebracht und am Sonntag früh dort aufmontiert. Gegen 10 Uhr vormittags erfolgte dann bei ziemlich nebeligem Wetter der Start und ein kurzer Flug dem Rhein entlang mit einer Kehre über dem Wasser zurück zum Startplatz. Start und Flug ging glatt vonstatten. Bei der Landung hatte sich das Flugzeug infolge nicht genauer Einstellung der Tragflächen sowie ungünstiger Beschaffenheit des Landungsplatzes überschlagen. Der Flieger blieb unverletzt, der Apparat selbst ward nur leicht beschädigt. Sowohl Herr Scheffknecht als auch Herr Ziehaus sind der festen Ueberzeugung, daß sich die kleinen Mängel leicht beheben lassen, so daß bald vor der Oeffentlichkeit weitere und größere Probeflüge werden stattfinden können. Dieser Probeflug sowie die Vorbereitungen hiezu wurden durch den Geschäftsführer des Invaliden-Kinos Bregenz verfilmt und bietet sich dadurch Gelegenheit, dieses interessante Ereignis im Kino zu sehen. Laut Ankündigung gelangt der Film am 3. und 4. Dezember in Bregenz, am 7. und 8. Dezember im Rheinkino in Lustenau und am 10. und 11. Dez[ember] im Invalidenkino in Dornbirn zur Vorführung.“
Am 16. März 1928 hatte Franz Ziehaus bei Hörbranz einen schweren Motorradunfall. Durch diesen Unfall war Ziehaus verhindert, im Sommer 1928 einen neuerlichen Flug mit Scheffknechts verbesserten Modell durchzuführen. Wer die erwähnten beiden Probeflüge an seiner Stelle durchgeführt hat, ist unbekannt. Am 4. August 1928 erschien nämlich im Vorarlberger Tagblatt unter dem Titel „Flugzeugbesichtigung in Lustenau“ folgende Ankündigung:
„Seit dem letzten Sonntag hat unser junger Konstrukteur Willy Scheffknecht sein nun umgeändertes Flugzeug in der Schule Kirchdorf ausgestellt. Der Apparat hat bereits zwei Probeflüge hinter sich. Durch den Umbau, den Herr Scheffknecht ebenfalls selbst vorgenommen hat, ist das Flugzeug in seiner Konstruktion einwandfrei.“
Bei einem Kameradschaftsabend der Motorradsektion Bregenz des Vorarlberger Automobilklubs im April 1935 hielt Franz Ziehaus einen Vortrag über seine Erlebnisse als Kriegsflieger, der reichlichen Beifall erntete.
Zum Bregenzer Franz Ziehaus, dem angeblichen ehemaligen Militärfluglehrer, gibt es in den Vorarlberger Zeitungen der 1920er und 1930er Jahre außer dem Bericht über den Probeflug von 1927 zahlreiche Werbeeinschaltungen zu seiner Motoradwerkstatt in Bregenz und nach dem „Anschluss“ 1938 ein Bericht über ihn als Funktionär des nationalsozialistischen Fliegerkorps. Auch nach 1945 schaltete Ziehaus immer wieder Annoncen für seinen Motorradhandel in Vorarlberger Zeitungen.
Wer weiß mehr über Franz Ziehaus? Wann wurde er geboren? Wann ist er verstorben? Wo war er Fluglehrer im Jahre 1918?