von Nikolaus Hagen.
Richard Müller (später Müller-Welten) kam am 1. Oktober 1894 in Franzensfeste zur Welt und war heimatzuständig nach Innsbruck. Seine Eltern waren Hermann Müller und Bertha Norer. Er besuchte die Realschule – vermutlich in Graz – und anschließend die Theresianische Militärakademie in Wiener Neustadt. Am 15. Oktober 1914 wurde er als Leutnant zum k.k. Landwehr-Infanterie-Regiment 17 ausgemustert.
Laut seiner Personenbeschreibung war Müller 182 cm groß, hatte blonde Haare, graue Augen, ein längliches Gesicht und beherrschte sowohl Deutsch als auch Italienisch. Müller galt als tauglich, war allerdings kurzsichtig mit beidseitig je zwei Dioptrien. Dennoch wurde er im Juni 1915 zu den Luftfahrtruppen kommandiert und der Fliegerkompagnie 13 an der Russlandfront als Beobachteroffizier eingesetzt. Kurz darauf, am 1. Juli 1915, wurde er zum Oberleutnant befördert.
Die aktive Fliegerkarriere währte nur äußerst kurz. Am 28. Juli 1915 wurden Müller und Feldpilot Korporal Josef Horvath im Luftkampf abgeschossen. Die Nachrichtenabteilung des A.O.K. fing einen russischen Bericht über den Hergang ab:
„Oestlich der Zlota-Lipa bemerkten unsere Aviatiker (Lt. Pokrowski, Cornet Plonsik) gegen 8 h früh des 28/7. einen österr. Aeroplan; sie stiegen sofort auf, holten ihn ein und schoßen ihn zur Erde. Das Feindliche Flugzeug trug einen Lt. und einen Unteroffz., welche sich ergaben. Das erbeutete Flugzeug ist ein vollkommen neuer Apparat mit 120 Pferdekräften.“
Die Beilage der russischen Zeitschrift Nowoje Wremja publizierte am 6. November 1915 eine Fotografie der beiden gefangenen Österreicher umgeben von russischen Fliegerkräften vor dem erbeuteten Flugzeug.

Müller blieb bis 1921 in russischer Kriegsgefangenschaft. Bereits während der Gefangenschaft soll er Musik studiert und als Kapellmeister fungiert haben. Nach anderen Angaben hatte er schon zwischen 1908 und 1912 die Grazer Musikschule besucht. Laut einem Bericht von 1922 habe er „lange Jahre in Rußland als Dirigent russischer Ballette“ gewirkt und sei „mit der Richtung der neuen Ballettmusik vertraut“ geworden.
Nach der Rückkehr nach Österreich führte er den Doppelnamen Müller-Welten (möglicherweise nach Heirat) und setzte er seine Musikstudien – vermutlich in Graz – fort und war anschließend bei verschiedenen Kapellen und Orchestern, unter anderem dem Grazer Orpheum, tätig. Länger soll er sich etwa in Stuttgart aufgehalten haben. Laut einem Nachruf habe er sich bereits 1933 „als überzeugter Österreicher“ dazu entschlossen, nach Frankreich zu emigrieren. Dort sei er in einer Ölraffinerie tätig gewesen und nach dem „Anschluss“ als deutscher Bürger ausgewiesen worden. Zurück in Tirol habe er „während des Krieges schwere Tage zu bestehen“ gehabt, die „seine Gesundheit schwer angegriffen hatten“. Aus Vereinschroniken lässt sich entnehmen, dass er von 1939 bis 1942 Kapellmeister der Musikkapelle Leutasch und von 1942 bis 1950 von jener in Lans war. Auch in Sistrans soll er in gleicher Funktion aushilfsweise tätig gewesen sein.
Bei Kriegsende wurde Müller-Welten „Ortskommandant der Widerstandsgruppe des Tiroler Ortes Sistrans“. Als solcher habe er in den letzten Kriegstagen „eine Gruppe von SS-Männern aufgespürt, die mit eigenhändig von Doktor Gruber [späterer Außenminister] unterschriebenen Ausweisen versehen waren“, so schrieb der Volkswille am 2. Dezember 1949.
Gemeinsam mit bekannten Persönlichkeiten des politischen Lebens, darunter dem Innsbrucker Bürgermeister Anton Melzer, gründete er 1946 eine Tiroler Vereinigung für den kulturellen und wirtschaftlichen Austausch mit der Sowjetunion. Für einen Teil des rechtskonservativen Lagers stand er spätestens ab diesem Zeitpunkt im Verdacht, ein kommunistischer Agitator zu sein. Als weiterer „Beweis“ diente die Tatsache, dass die Lanser Musikkapelle, der Müller-Welten vorstand, am 1.-Mai-Aufmarsch der Tiroler KPÖ (gegen Bezahlung) wiederholt teilgenommen hatte. Im Mai 1949 behauptete die Tiroler Bauern-Zeitung auf ihrer Titelseite wahrheitswidrig, Müller-Welten sei 1938 in die Sowjetunion geflohen, „wo er zum ‚Aktivisten‘ ausgebildet wurde“. Die Behauptung musste widerrufen werden.
In den Folgejahren war Müller-Welten privat als Musik- und Theaterkritiker tätig und beruflich als leitender Angestellter in einer Innsbrucker Pelzwarenhandlung. Er verstarb am 9. August 1971 „nach einer langen Krankenzeit“, wie es in einem Nachruf heißt.